WAS BEDEUTET BALMUNG?
Balmung ist der Name eines Schwertes aus der Zeit, als die Schwerter noch Namen trugen. Andere berühmte Schwerter sind Excalibur des Königs Artus und Tourendal des Helden Roland, der Mimung, den Wieland, der Schmied, für seinen Sohn Wittich schmiedete, und die Schwerter Eckesachs und Nagelring des Helden Dietrich von Bern.
Über das Schwert Balmung gibt es verschiedene Sagen.
Balmung im germanischen Sagenkreis
Die germanischen Sagen erzählen, dass das Göttergeschlecht der Asen nur durch einen noch zu zeugenden Helden vor dem Untergang zu retten sei. Dazu mussten zwei Geschwister, Sigmung und Siglinde, Verkehr haben. Die Situation verkomplizierte sich, da Siglinde mit Hunding verheiratet war. Göttervater Odin erfuhr dies, als er aus der Quelle der höchsten Weisheit in Jotundheim an der Wurzeln von Yggdrasil, des Weltbaumes, trank. Dieser Trank kommt ihm teuer zu stehen, er muß eines seiner Augen geben. Seine Augen stehen für Sonne und Mond. Er opfert das Mondauge. Man sieht es in Mondnächten in Gewässern schimmern.
Um die Götter zu retten versteckt Odin in einer Eiche beim Haus Hundings das von Wieland dem Schmied gefertigte Schwert Notung. Nur Sigmund kann es aus der Eiche ziehen und mit dem magischen Schwert Hunding töten.
Odins Frau, Freya, die Hüterin der Ehe verfügt, dass Siegmund in diesem Kampf stirbt. Odin beauftragt seine Walküre Brünhild den Auftrag auszuführen. Da die Walküren Odin sehr lieben, spüren sie, was Odin will. Brünhild verstößt gegen Odins Befehl und lässt Hunding und nicht Sigmund sterben.
Daraufhin zerbricht Odin, seinerseits durch einen Eid gebunden, Notung und tötet Sigmund. Brünhild wird bestraft indem sie Mensch wird und einen Sterblichen heiraten muss.
Brünhild nimmt die Trümmer Notungs und gibt sie Siglinde mit der Verpflichtung, sie dem in der einen Nacht gezeugten Sohn zu überreichen. Sie bittet Odin, sie nur dem Helden zur Frau zu geben, der sich nicht fürchtet durch einen Feuerring, der ihre Burg umgeben soll, zu reiten.
Siegfried bekommt als einziges Erbe seines Vaters ein zerbrochenes Schwert. Doch auch die Trümmer besitzen Odins göttliche Kräfte. Siegfried begibt sich in die Lehre des Zwerges Mime, der ein kunstvoller Schmied ist. Er bringt Siegfried die höchste Schmiedekunst bei, und der junge Recke schmiedet aus Notungs Trümmern das magische Schwert Balmung.
Mit Balmung vollführt Siegfried seine Heldentaten. Er tötet den Riesen Fafnir, der durch eine Tarnkappe die Gestalt eines Drachen angenommen hat und einen Schatz hütet, den er von den Göttern für den Bau der Walhalla erhalten hat. Das bringt Siegfried nicht nur unermesslichen Reichtum und eben diese Tarnkappe, sondern auch Unverwundbarkeit, da er im Blut des Drachen badet. Er ist es auch, der als erster durch den Flammenring reitet, der Brunhilde umgibt. Dass er sie zugunsten der Königstochter Kriemhild verlässt und Brunhilde – mit Hilfe der Tarnkappe – für deren Bruder König Gunter gewinnt, führt zum Streit der beiden Frauen und zuletzt zu Siegfrieds Tod.
Diese Geschichte liegt sowohl dem Ring des Nibelungen von Richard Wagner, als auch dem Nibelungen-Film von Fritz Lang zugrunde.
Balmung im Nibelungen-Lied
Anders als die volksverbundene heidnische Sage liest sich die Geschichte des Schwertes Balmung im Nibelungenlied. Hier sind Sigmund und Siglinde ein christliches Königspaar, dessen Sohn wohl nie im Leben einen Schmiedehammer berührt hätte. Auch Brunhild ist keine Walküre, sondern eine mehr oder weniger christliche Königin, die im Sinne einer Turandot Bewerber um ihre Hand im Zweikampf besiegt und töten lässt.
Die germanischen Götter spielen keine Rolle mehr. Der Streit der Königinnen Kriemhild und Brünhild, der letztlich zu Siegfrieds Tod führt, spielt sich auf den Stufen eines christlichen Domes zu Worms am Rhein ab.
Hier die Worte, mit denen der Ritter Hagen von Tronje, ein lange Zeit strafloser Serienmörder, seinem König Gunter jenen jungen Ritter beschreibt, der Gunter frech zum Zweikampf um Krone und Reich herausfordert:
Also sprach da Hagen: „Soviel ich mag verstehn
Hab‘ ich gleich im Leben Siegfrieden nie gesehn,
So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,
Daß er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht.“
Dann erzählt Hagen, wie Siegfried den reichen Königssöhnen Schilbung und Nibelung den von König Niblung ererbten Schatz zu teilen versuchte.
„Sie gaben ihm zum Lohne König Niblungs Schwert“
Genau das war ihr Verderben, denn als die Königssöhne mit der Teilung nicht zufrieden waren und mit Siegfried Streit anfingen, da hatte dieser die bessere Waffe in der Hand:
„Da hatten sie zu Freunden kühne zwölf Mann
Die starke Riesen waren: Was konnt es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne Siegfrieds Hand,
Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland.
Mit dem guten Schwerte, geheißen BALMUNG.“
Zuletzt ging es auch seinen Auftraggebern an den Kragen:
„Zuletzt die reichen Könige, die schlug er beide tot.“
Nach dem damaligen Recht hatte er damit den Schatz für sich und war unermesslich reich.
Die nächste Erwähnung findet Balmung bei der Heerfahrt Siegfrieds gegen die Dänen und Sachsen unter ihren Königen Lüdeger und Lüdegast:
„Als der starke Lüdeger Siegfrieden fand,
Wie er so erhaben trug in seiner Hand
BALMUNG den guten und da so manchen schlug,
Darüber war der Kühne vor Zorn ingrimmig genug.“
Was nichts nützte, denn Siegfried nahm den König der Dänen und jenen der Sachsen gefangen und sicherte damit den Burgundern jahrelangen Frieden.
Ab dann war Balmung nur bei Jagdvergnügen im Einsatz:
Auch führt‘ er BALMUNGen, das breite schmucke Schwert:
Das war solcher Schärfe, nichts blieb unversehrt,
Wenn man es schlug auf Helme: Seine Schneiden waren gut.
Der herrliche Jäger trug gar hoch seinen Mut.
Die traurige Geschichte vom Verrat an Siegfried und dessen Ermordung durch Hagen, der Heirat seiner Witwe Kriemhild mit dem König der Hunnen und der Einladung an die Donau, der ihre Brüder und Hagen von Tronje zum eigenen Schaden folgten, bringt wenig Gelegenheit, Balmung zu loben. Erst am Ende des Liedes, als der Mörder Hagen das Wunderschwert führt, wird es wieder erwähnt:
Als die Hunnen gegen die letzten Überlebenden der Burgunder ihren Gefolgsmann Dietrich von Bern (später Theoderich der Große, 471-526 n.Chr.) und seine Mannen einschließlich seines Mentors Meister Hildebrand aufboten, kommt Balmung wieder zu Ehren:
„Er schlug auf Hildebranden, daß man wohl vernahm
BALMUNGen dröhnen, den von Siegfrieden nahm
Hagen der kühne, als er den Helden schlug.
Da wehrte sich der Alte: Er war auch streitbar genug.“
Allerdings nicht streitbar genug für Balmung, und so musste er verletzt eine schmähliche Flucht antreten. Erst sein Herr Dietrich macht dem Wüten des guten Schwertes in schlechter Hand ein Ende:
„Als Dietrich erhörte Hagens grimmen Mut
Den Schild behende zuckte der schnelle Degen gut.
Wie rasch ihm von der Stiege entgegen Hagen sprang!
Niblungs Schwert, das gute, auf Dietrichen laut erklang.
Da wußte wohl Herr Dietrich, daß der kühne Mann
Grimmen Mutes fechte; zu schirmen sich begann
Der edle Vogt von Berne vor ängstlichen Schlägen.
Wohl erkannt‘ er Hagen, diesen auserwählten Degen.
Auch scheut‘ er BALMUNGen, eine Waffe stark genug.“
Zuletzt gelingt es Dietrich doch, Balmung auszuweichen und Hagen im Ringkampf zu besiegen. Er tötet ihn nicht, sondern nimmt ihn gefangen. Damit beginnt der letzte Akt des Dramas um das edle Schwert. Kriemhild, von Hagen verhöhnt, ist voll Wut:
„Sie sprach: ‚So habt Ihr üble Vergeltung mir gewährt;
So will ich doch behalten Siegfriedens Schwert.
Das trug mein holder Friedel, als ich zuletzt ihn sah,
An dem mir Herzenskummer von Euren Schulden geschah.'“
„Sie zog es aus er Scheide, er konnt‘ es nicht wehren.
Da dachte sie dem Recken das Leben zu versehren.
Sie schwang es mit den Händen, das Haupt schlug sie ihm ab.
Das sah der König Etzel, dem es großen Kummer gab.“
Dies wiederum will Meister Hildebrand nicht ungesühnt lassen, und er erschlägt Kriemhild. Damit endet die Geschichte Balmungs für eineinhalb Jahrtausende:
„Ich kann euch nicht bescheiden, was seither geschah,
Als daß man Frau’n und Ritter immer weinen sah.
Dazu die edlen Knechte um lieber Freunde Tod.
Hier hat die Mär ein Ende: Das ist der Nibelungen Not.“
Damit endet die Geschichte dieses berühmten Schwertes vorerst. Mehr als tausend Jahre später, im Jahr des Herrn 1930, schlug eine geschichtsbewußte Fechtschülerin des Diplom-Fechtmeisters Otto von László vor, den von ihm neu gegründeten Fechtklub nach dem Schwert Balmung zu benennen. Seither werden in dessen Namen wieder Siege erfochten.